Dagmar Cechak
*1955 in Klagenfurt (A)Lebt und arbeitet in Klagenfurt (A)

Projekte
Artist Statement

Maria Mlecnik-Olinowetz „Einschlag“ 2005 Acryl auf Leinwand, 80×100 cm
Schlaflose Nächte
Schlaflose Nächte
Auf zerwühlten Kissen
Gedanken rasen umbarmherzig
Im Kreis
Glühende Glieder
Verschlingen sich eng
Schlaflose Nächte
Voll ängstlicher Erwartung
Eiskalte Hände
Greifen nach mir
In schlaflosen Nächten
Text: Dagmar Cechak
Texte zur Ausstellung APOPLIXIA II zu Werken von krastaler Bildhauer und Bildhauerinnen
Marmorsäulen
Marmorsäulen haben raue Flächen,
Haben Ecken und Kanten,
Sind durchlässig,
Stehen vor dem Tor auf der grünen Wiese,
Riesig groß
Wirbel – rund und weich drücken sich durch glatten weißen Marmor.
Laden die Finger ein zum Darübersteichen.
Die Schwester der Danaïde,
Verbirgt ihre steingeborene Schönheit, erlaubt nur
Eine Andeutung.
Wirbelsäulen-Platte aus sonnengewärmtem Stein,
Eingespannt in stählerne Rahmen,
Versucht
Zu fliehen aus kantiger, kalter Umklammerung,
Dreht sich weg vom harten Metall.
Weicher, warmer, harter Stein
Dreht kaltem hartem Stahl vergeblich den Rücken zu,
Hat überall Rücken,
Hat überall Wirbel,
Kann nicht entrinnen,
Schmerzt.
Kaltes Wasser
Streck aus den Zeh
Und tauche ein in das eisige Grün
Streck tiefer den Fuß
Und fühle den Schmerz
Der kommt und vergeht
Dein Kleid weht im Baum
Das Wasser lockt
Schießt schäumend grün
Über das Wehr
Eingehüllt
In schmeichelnden Wind
Lässt du dich sinken
Und wirst kurz zu Eis
Mit stockendem Atem
Um wieder zu leben
Mit glasklarer Wachheit
Spürst tausend Nadelstiche
In der Haut
Und jubelst vor Glück
Überdruck
Ein Sirren
am Gehäuse.
Die Stille
hält den Atem an
und explodiert.
Ein Zischen,
ein heißer Strahl,
Überdruck
im Dampfkessel.
Die Beherrschung
ist zerplatzt,
die Zurückhaltung
zersprungen.
Der Dampf
ist entwichen.
Alles ruhig
bis zum
nächsten Mal
Scharf…
Tief holt sie Luft. Es brennt in Ihrem Mund. Sie lehnt sich zum Fenster hinaus, lässt die beißende Winterkälte über Ihre Zunge streichen, Ihren Gaumen kühlen. Doch die Erleichterung ist nur sehr kurz.
Sie blickt zum Tisch, wo er sitzt. Die Augen fast glasig, starr, rote Flecken auf Wangen und Hals. Als hätte man Säure auf ihn gespritzt.
Es brennt in Ihrem Mund und lässt nicht nach.
Sie öffnet die Tür, geht in den Garten, läuft über die frostknirschenden Wege bis hinunter zum Bach und taucht den Kopf in das eisige Wasser. Es bedeckt ihre weitaufgerissenen Augen, dringt ein in die gespreizten Nüstern, den offenen Mund. Tiefer drückt sie den Kopf, bis sie unter dem Scheitel die Kiesel spürt, die, glattgeschliffen von der ewigen Bewegung des Wasserstroms, sanft ihren Kopf halten.
Nach Luft ringend taucht sie wieder empor, schleudert die nassen Haare mit einem Klatsch nach hinten, fühlt den Aufschlag der schweren Strähnen im Nacken. Fast hätte sie über der Erleichterung der Kühlung die Notwendigkeit des Atmens ganz vergessen. Doch kaum sind die Lungen gefüllt, ist auch das Brennen wieder da. Und mit ihm all die scharfen Worte, die ihr Gegenüber verbrannten und ihren eigenen Mund versengten, die ihre Zunge zur glühenden Peitsche werden ließen.
Nie würden diese Brandwunden mehr verheilen, die Geschwüre würden immer wieder aufbrechen. Ihr Mund würde nie mehr aufhören zu brennen.
Texte: Dagmar Cechak