Triennale IIIKärnten 2023

Grenzüberschreitendes interdisziplinäres Kunstprojekt

Sieglind Demus

*in Villach (A)
Lebt und arbeitet in Villach (A)

Projekte

Artist Statement

Lyrik zu „Wortskulpturen“

Geladen/ Sieglind Demus (Haiku)
gestern ist heute
durchgeladen das Gewehr
ist morgen bestimmt

 

Herbstsound
Schwere Stiefel
bespielen mit einer Melodie
aus der Zeit gefallene Blätter

glorophyllgrüne Vögel
vernarbt mit kahlen Bäumen
flattern einsam im Wind

gefallene Brüder und Schwestern warten
der Farbe entzogen
auf behutsames Schreiten

Worte auf hellem Grund
ätzen, zum Spottvers gediehen
den Mund

Warum Ritter, weckst Du mich
fragt der Drache
mit schlurfenden Stiefeln
zur Marschmelodie

 

Still ist die Nacht

Wir feiern die stille Nacht
mit lamettageschmückten Stacheldrahtzäunen

Lichter blinken in der Nacht
Gelb, rot und blau

Krieg imitieren w⁄ir mit Feuerwerken
schießen Raketen in einen Himmel,

der sie nicht haben will,
zurückspuckt in ausgehobene Gräben

wir feiern die stille Nacht
verstärken die Stacheldrahtzäune mit Elektrizität

damit Lichter blinken in der Nacht
gelb, rot und blau

Krieg spielen wir mit Laserkanonen
schießen Lichterbögen nach oben

anderswo sterben Menschen
durch unsere Waffen und Munition

wir feiern die stille Nacht
halten Produktionsstraßen nicht an

damit die Lichter blinken in dieser Nacht
gelb, rot und blau

getroffen, fallen Häuser zusammen
liegen Menschen unter dem Schutt

flüchten so Viele, dass wir sie Welle nennen,
in unsere Stacheldrahtzäune

damit die Nacht, die wir feiern, still ist,
halten wir Ohren und Augen zu

Lichter spiegeln sich irgendwo
gelb rot und blau

denn wir feiern
allein und still diese Nacht


Lyrik zur APOPLIXIA II

Kreidefelsen/ August 2023

Wir sind nicht mehr,
als aus Kreidefelsen
gefallene Feuersteine.

Tote Materie,
wenn nicht Pyrit
einen Funken weckt,
wenn trockenes Gras
die Flamme nicht nährt.

Grob behauen
von Meisel und Hammer
bröckelt die Hülle.
Ein letzter
heftiger Schlag,
wir brechen entzwei,
ohne je eine Liebste
einen Liebsten,
gewärmt.

Ausgedient haben wir,
wenn sich an unsere Brüste
kein Säugling mehr krallt,
Höfe, die Äcker bestellt sind.
Kauft euch frei
mit unserem Sterben,
stumpft ab
in wiederholter Gewalt.

Zertrümmert Schädel
in eurer Angst
vor euch selbst.
Um nicht die Anklage
in unseren Augen zu sehen,
zwingt uns,
uns zu verhüllen,
peitscht mit Ruten
auf Beine,
auf Rücken.
Tausendmal spucken wir
die Knebel in euer Gesicht.

Erstickt uns mit Pflastersteinen,
die ihr mit Lastern
auf unsere Körper kippt,
bedeckt eure Schande.

Bezwingt die Flammen
oder schlagt
die Funken erst gar nicht an
in eurer Furcht.

Reibt euer Geschlecht
an den Hintern der Esel,
es ist einerlei,
ihr seid so klug,
ein Jemand kann
euch erzählen,
ihr werdet starke Männer davon.

Und merkt nicht,
wie Felsen zu Kreide zerfallen,
ohne unseren Halt.