Triennale IIIKärnten 2023

Grenzüberschreitendes interdisziplinäres Kunstprojekt

Pegel

26/9-14/07/2023
Projektraum

Künstler*innen

Adrian Gutzelnig

Termine



Das Projekt

In der Version Kärnten 2023 der Klanginstallation Pegel wird die ursprünglich spezifisch auf die Flutkatastrophe des Ahrtals 2021 bezogene Arbeit dekontextualisiert, um die weiter reichende globale Bedeutung von Naturkatastrophen und speziell von Starkregen-Ereignissen zu thematisieren, sowie um an andere regionale zusammenhänge Anknüpfen zu können.

Die vom vom Wasser der Ahr gezeichneten Lautsprecher sind weiterhin zentraler Bestandteil der Arbeit, jedoch ändern sich die Inhalte, die von ihnen abgespielt werden. An die Stelle lokaler Tonaufnahmen tritt Rauschen, das sowohl für eine mathematische Zufallsfunktion steht, als auch dem Geräusch von Regen anmutet. Alle Lautsprecher spielen das selbe Rauschen ab, wobei der lautsprecherspezifische Pegel, durch ein von Künstler erstelltes Programm gesteuert wird, das mit Daten aus lokalen Niederschlagsradar-Aufzeichnungen gespeist ist.

In diesem Programm ist die Position eines jeden Lautsprechers in der Installation, mit einer geographischen Lage aus den Aufzeichnungen verbunden. Für die*den Rezipient*in der Klanginstallation entsteht dadurch der Effekt sich in einer Klang-Wolke zu befinden, die sich je nach aufgezeichnetem Wetterverlauf dynamisch verändert, sich langsam aufbaut, verdichtet, über die Person hereinbricht, abschwillt, still ist und ähnliches. Es entsteht ein intensive und immersive Klangerfahrung und die Installation fungiert, durch den Bezug auf das Niederschlagsradar, zusätzlich als ein Instrument der Sonifizierung, d.h. Hörbar-Machung, der entsprechenden Wetterdaten, die üblicherweise rein kognitiv zu begreifen sind. Im Zusammenhang der Arbeit Pegel werden sie ganzkörperlich spürbar, so als würde man die Niederschläge einer gesamten Region unmittelbar wahrnehmen.

Die für die Version Kärnten 2023 herangezogenen Aufzeichnungen wurden zwischen dem 2. und 6. August 2023 aufgenommen, einem Zeitfenster, in dem es vor Ort durch außergewöhnlich starke Regenfälle zu Überschwemmungen, Murenabgängen und einem Todesopfern kam. Teil der Intention dieser Vorgehensweise ist es die durch die Klimakrise bereits heute stark gestiegene Wahrscheinlichkeit von Extremwetter-Ereignissen zu verdeutlichen und durch die akustischen Qualitäten des Rauschens auch ein Gefühl für die Angespanntheit des globalen Ökosystems zu vermitteln.

Um den Verlauf der aufgezeichneten Wetterdaten und den Zusammenhang mit den Lautsprechern zu visualisieren, wird in der Installation ein ein Video gezeigt, in dem sich diese visuell überlagern.
www.flutseiten.de

Einer der Eindrücke, die bei Adrian Gutzelnig nach seinem ersten Aufenthalt im Ahrtal Spuren hinterließen, waren die ausgedehnten Müllberge, auf denen die Betroffenen ihren verschlammten Hausrat entsorgten. Es entstand die Idee einige der enthaltenen Lautsprecher zu bergen und zu reparieren, was er während mehrerer Aufenthalte in der Region realisierte. Zum zweiten Jahrestag der Flutkatastrophe, im Juli 2023, eröffnete der Künstler aus diesen eine Klanginstallation, die zum Erinnern und zur Reflexion einlud.

Die Wahl fiel nicht nur wegen Gutzelnigs elektroakustische Beschäftigung auf diese Mediengeräte, sondern auch, weil sie als Kulturträger fungieren, die durch ihr erklingen und verstummen die Präsenz und Absenz von sozialem Leben besonders fühlbar machen. Ebenso stehen sie, stammend aus dem privaten Kontexten verschiedenster Menschen, für persönliche Geschichten, sowie für Traumatisierung und, durch ihre Reparatur, für die Transformation von Trauma.

Zwölf dieser Lautsprecher werden in der Installation präsentiert. Durch konservierte Schlammreste und Kratzer werden sie als Zeugen der Katastrophe gezeigt und geben dem historischen Einschnitt Raum, wobei sich die Flut auch akustisch niederschlägt: In ihrer Klangfarbe wird die Flut hörbar, beispielsweise durch ihrer gerissenen Membranen, oder schlammgefüllte Chassis. Die effektvoll mit Licht inszenierten Geräte lassen durch Surround Sound Techniken eine raumgreifende Klangatmosphäre entstehen, die zwischen meditativen Phasen der Einkehr und ruhigen Naturgeräuschen aus dem Ahrtal changiert, zum einen um die Installation möglichst traumasensibel zu gestalten, zum anderen um diesen Objekten Zeichen dafür wiedergeben zu lassen, dass in der Natur auf einem Zyklus der Zerstörung wieder ein Zyklus des Lebens folgt.

Die Kapelle der Schmerzhaften Muttergottes in Reimerzhoven, die während der Flutnacht bis unter die Decke überflutet war, stellte dabei den idealen Ausstellungsort dar. Dem Raum waren seine Flutspuren noch anzusehen und die aktuellen Instandsetzungsmaßnahmen wurden in die Installation mit einbezogen.

 

flutseiten.de

https://flutseiten.de

Projektbeginn 26.09.2021

Projektende fortlaufend

Projektort Online

flutseiten.de ist eine Online Ausstellung in der künstlerische Beiträge, Prozess und kreative Interventionen von Menschen gezeigt werden, die von der Flutkatastrophe 2021 im Ahrtal betroffen sind und waren. Ziel ist es den Erfahrungen der Menschen Raum zu geben, die individuelle Ausdrucksfähigkeit zu unterstützen und den Diskurs über den persönlichen Umgang mit der Flut und ihren Folgen zu fördern. Es werden Arbeiten sowohl von professionellen Kunstschaffenden als auch von Lai*innen gezeigt und die Auswahl der Arbeiten ist bewusst niederschwellig gehalten, um eine möglichst breite Teilnahme zu ermöglichen. 

Adrian Gutzelnig ist sowohl als Initiator, als auch Kurator des Projekts tätig, wobei sowohl Beiträge von ihm gesammelt werden, als auch eine individuelle Einreichung über die Website möglich ist. In Zusammenhang mit dem Web-Projekt werden trauminformierte Kunstworkshops durch verschiedene Kunstschaffende veranstaltet, die sowohl die kreative Aufarbeitung der Teilnehmenden unterstützen sollen, als auch zu weiteren Beiträge für das Projekt einladen. 

Durch flutseiten.de entsteht ein diversifiziertes Archiv subjektiver Erzählung, eine Art Geschichtsschreibung von unten, die sich als Soziale Plastik versteht. Flutseiten wird als Wissensspeicher längerfristig zugänglich bleiben und soll in etwaigen zukünftigen Projekten weiter befüllt und als Ausgangsmaterial künstlerischer Forschung genutzt werden können.

Die Umsetzung des Projekts wurde durch eine Förderung der Stiftung Kunstfonds aus dem Neustart Kultur-Programm der Beauftragten der Deutschen Bundesregierung für Kultur und Medien ermöglicht.


Projektraum

Ursulinengasse 4

9020 Klagenfurt

Öffnungszeiten:

Do. 16.00 – 18.00 Uhr

Sa. 10.00 – 13.00 Uhr

und nach Vereinbarung

Tel. +43 664 1451250

mail: triennale@kunstvereinkaernten.at

Ursulinengasse 4
Ursulinengasse 4
9020 Innere Stadt